Warning: The magic method MchGdbcBasePublicPlugin::__wakeup() must have public visibility in D:\www\www65\wordpress\wp-content\plugins\goodbye-captcha\includes\plugin\MchGdbcBasePublicPlugin.php on line 44 Newsletter vom 31. 1. 2021 | Starke Volksschule Zürich Springe zum Inhalt

Newsletter vom 31. 1. 2021

Populäre Fortschritts-Dogmen sind keine Garantie für Unterrichtsqualität

Man würde meinen, das Ringen um beste Schulqualität stehe im Zentrum aller bildungspolitischen Bemühungen. Doch weit gefehlt. Zurzeit setzt sich die Bildungspolitik mehr mit der digitalen Ausstattung der Schulen auseinander als mit der Qualität des Unterrichtsgeschehens. Jedem Schüler sein Tablet! lautet die Devise. Dafür finden Bildungspolitiker in breiten Kreisen viel Beifall. Man ist bereit, viel Geld in die digitale Infrastruktur der Schulen zu investieren und hofft auf den Fortschritt.

Was genau mit den neuen Geräten passiert und welche Lernprogramme installiert werden, kümmert die meisten weniger. Dabei wäre kritisches Nachdenken angebracht, nachdem digital bestens ausgerüstete Primarschulen in den Niederlanden nach dem Corona-Fernunter­richt von einem Lernstillstand sprechen. Zwar ist Fernunterricht nicht genau das Gleiche wie digitales Lernen im Rahmen des Präsenzunterrichts. Doch die Heilserwartungen ans selbsttätige Lernen mit Lernfilmen und Übungsprogrammen haben sich nicht erfüllt, wie der eindrückliche Bericht aus dem „Spiegel“ aufdeckt.

Verfehlte Heilserwartungen und gescheiterte Konzepte

In seinem Beitrag über den um sich greifenden Aktionismus bei der schulischen Digitalisierung rechnet Erziehungswissenschafter Klaus Zierer mit den Heilserwartungen ans computerbasierte Lernen unmissverständlich ab. Corona hat bestätigt, dass Kinder in einer lebendigen Klassengemeinschaft weit mehr Lernfreude entwickeln als in den engen Strukturen eines individualisierten digitalen Unterrichts. Ergänzt werden diese Feststellungen durch einen lesenswerten Text aus der NZZ über Jugendliche in der digitalen Isolation.

Es ist bezeichnend, dass unsere Bildungspolitik immer wieder von Fortschritts-Dogmen beherrscht wird, die im täglichen Unterricht erheblichen Schaden anrichten. So galt das spielerische Dreisprachenkonzept in der Primarschule als Wundermittel für eine breite Fremdsprachenkompetenz. Nachdem sich die tollen Versprechungen nicht bewahrheitet haben und bei vielen Schülern sprachliche Mängel im Deutsch und Französisch immer offenkundiger werden, ist der Glanz des Frühlern-Dogmas weitgehend verblasst.

Nicht viel besser sieht es bei der angeblichen Überlegenheit von Selbstlern-Konzepten gegenüber der direkten Instruktion durch eine Lehrperson aus. Die Vorstellung, die meisten Schüler könnten sich dank ausgeklügelter Software im Rahmen eines Wochenplans grundlegende Kompetenzen schneller erwerben als beim gemeinsamen Lernen, ist als einseitiges didaktisches Konzept grandios gescheitert. Geradezu widersinnig dabei ist, dass aus der Degradierung der Pädagogen zu biederen Lernbegleitern ein neues Dogma vom grossartigen Lerncoach entstanden ist.

Die Frage nach dem guten Unterricht bleibt zentral

Der im Zwischentitel genannte Kernauftrag ist zu bedeutend, um ihn Dogmatikern zu überlassen oder ganz einfach zu verdrängen. Wer aufschlussreiche Antworten zur Frage der Unterrichtsqualität sucht, wird im Beitrag von Carl Bossard voll auf seine Rechnung kommen. Der Autor hält nichts von einseitigen Konzepten, die der schulischen Realität gar nicht gerecht werden können. Er sieht vielmehr ein dialektisches Prinzip in der Pädagogik, das von Begriffspaaren wie Freiheit und Sicherheit geprägt ist.

So bewegt sich lebendiges Unterrichtsgeschehen täglich im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit. Schülerinnen und Schüler lernen im Werken zuerst die wichtigsten Holzverbindungen kennen und erwerben an einfachen Gegenständen handwerkliches Können. Wer Jugendlichen aber ohne diese Vorkenntnisse gleich den Auftrag gibt, ein anspruchsvolles Möbelstück nach eigenen Vorstellungen zu kreieren, dürfte enttäuscht werden. Verfügen die Schüler jedoch über das nötige Rüstzeug, werden sie in realistischen Bahnen formschöne Gegenstände entwerfen und mit Erfolg herstellen.

Fortschrittliche Bildungspolitik rüttelt an unhaltbaren Dogmen

Beim dritten Schwerpunkt unseres Newsletters begeben wir uns direkt aufs politische Parkett. Mit seinem parteiübergreifenden Vorstoss im Wetziker Gemeinderat hat Timotheus Bruderer einige unbequeme Fragen zu den deutlich steigenden Kosten für Klassenassistenzen gestellt. Wie aus dem Bericht im Zürcher Oberländer hervorgeht, scheinen disziplinarische Schwierigkeiten zur Einstellung zusätzlicher Klassenassistenzen geführt zu haben. Der Postulant sieht erhebliche erzieherische Defizite bei gewissen Schülern und fragt den Stadtrat, ob nicht die Wiedereinführung einer speziellen Kleinklasse die Klassenlehrpersonen spürbar entlasten könnte.

Volle Unterstützung erhält der Postulant vom erfahrenen Sekundarlehrer Max Knöpfel, der in seinem Leserbrief im Zürcher Oberländer die Politiker auffordert, mit dem unhaltbaren Dogma von der Überlegenheit des integrativen Schulmodells aufzuräumen und endlich Kleinklassen wieder zuzulassen. Es ist zu hoffen, dass der Vorstoss in Wetzikon die ideologische Blockade löst und eine überzeugende Lösung gefunden wird.

Bildungspolitisch setzt auch die Baselbieter Lehrerschaft mit ihrer erfolgreichen Forderung nach einem einfacheren kantonalen Lehrplan einen wichtigen Markstein. Zurzeit wird der Baselbieter Lehrplan in Zusammenarbeit von Bildungsrat und Lehrerschaft systematisch entschlackt und neu gestaltet. Wie Alain Pichard in seinem Bericht schreibt, könnte das ermutigende Beispiel schon bald andernorts Schule machen. Wie wäre es mit dem Kanton Zürich?

Den Schlusspunkt macht ein Beitrag über Sinn und Unsinn von Hausaufgaben. Diese Diskussion wird wohl noch lange weitergehen.

Aus Platzgründen haben wir diesmal die Corona-Diskussionen nur am Rande in zwei Beiträgen gestreift. Damit wollen wir keineswegs das ausserordentliche Engagement der Lehr- und Betreuungspersonen negieren. Wir wissen, was zurzeit geleistet wird und danken den Pädagoginnen und Pädagogen für ihren unermüdlichen Einsatz.

Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. wünschen wir viel Vergnügen bei der Lektüre unseres Newsletters.

Redaktion Starke Volksschule Zürich

Hanspeter Amstutz