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Newsletter vom 15.3.2020

Wir decken auf und suchen Lösungen

Für einmal begeben wir uns mit unserem Newsletter direkt aufs politische Glatteis.

Nicht nur in der Nordwestschweiz, auch im Zürcher Oberland kann Bildung die Gemüter bewegen. So hat das Parlament der Stadt Wetzikon letzte Woche verlangt, der Stadtrat müsse einen überparteilich eingereichten Vorstoss mit Fragen zu Strukturänderung der Oberstufe vollständig beantworten. Was war passiert? Die alte Schulpflege Wetzikon hatte vor zwei Jahren ohne vorausgegangene offene Diskussion beschlossen, die beiden kleinen Klassen der Sekundarschule C abzuschaffen und die Schüler in die B-Klassen zu integrieren. Begründet wurde der Beschluss mit dem Argument, dass die aufgestuften Schüler nun bessere schulische Chancen hätten und die Lehrerschaft fast geschlossen hinter der Strukturänderung gestanden habe. Doch das stimmte offensichtlich nicht und sorgte für anhaltende Unruhe.

Kabinettspolitik im Halbdunkeln passt nicht zur öffentlichen Schule

Rechtlich war der damaligen Schulpflege nichts vorzuwerfen, denn Strukturentscheide fallen in ihre Kompetenz. Doch wie sie das getan hat, kam bei vielen Parlamentsmitgliedern ganz schlecht an. Schliesslich wollten mehrere Gemeinderäte von links bis rechts mit 13 konkreten Fragen Licht ins Dunkel der unwürdigen Geheimniskrämerei bringen.  So wurde auch gefragt, weshalb die Schulpflege im Gegensatz zu anderen Gemeinden keinen öffentlichen Informationsabend veranstaltet habe.

Dem Stadtrat, der die Fragen beantworten sollte, war das Ganze offenbar äusserst unangenehm. Seine Antwort glich dem Paradebeispiel eines Ausweichmanövers. Doch der Erstinitiant, Timotheus Bruderer, hat sich das nicht bieten lassen und über die Parteigrenzen hinweg eine Allianz für mehr Transparenz zustande gebracht. Man darf gespannt sein, wie es nun weitergeht und was die betroffene Lehrerschaft dazu meint.

Sicher kann man in schulpolitischen Fragen in vielen Bereichen ganz unterschiedlicher Meinung sein. Da fliegen manchmal auch die Fetzen. Eines aber geht gar nicht: Die Öffentlichkeit umgehen, um einen umstrittenen Entscheid besser durchdrücken zu können. Die Lehrerschaft andererseits ist aufgefordert, ihre Positionen in der nicht immer reinen Luft der Politik mutiger zu vertreten. Geben wir deshalb Lehrerinnen und Lehrer volle Rückendeckung, wenn sie aufstehen und es wagen, mit überzeugenden Argumenten zugunsten einer kindgerechten Schule zu kämpfen!

Löst unabhängiges Denken bereits Panik aus?

Einen geradezu atemraubenden Einblick in die Schulpolitik gibt uns Alain Pichard in seiner Lehrer-Biografie. Was der Autor schreibt, zeigt ein Stück moderner Schulgeschichte aus der Sicht eines Direktbetroffenen. Wir erleben hautnah mit, wie er  in den Augen seiner Kritiker vom linken Schulrevoluzzer zum scheinbar konservativen Pädagogen wurde. Wie auch das Urteil über ihn ausfiel, stets leitete ihn ein innerer Kompass. Für den Autor wegleitend war die Frage, welche Art Bildung den Schülerinnen und Schülern wirklich weiterhilft und längerfristig prägend ist. Wenn dieser „pädagogische Revoluzzer“ heute zentrale Bildungswerte verteidigt und dabei das Etikett „rückwärtsgewandt“ erhält, fragt man sich schon, ob unabhängiges und kritisches Denken bereits Panik im Bildungsestablishment auslöst.

Zum Glück mehren sich die Zeichen, dass kritisches Denken in Bildungsfragen nicht länger mit mangelnder Bereitschaft zu schulischer Erneuerung gesehen wird. Zeitungen geben Kritikern der überzogenen schulischen Integration wieder Raum und  Leserbriefschreiber können über die gescheiterte Umsetzung in den Regelklassen berichten. Wir haben für Sie einige dieser ausgezeichneten Beiträge gesammelt.

Deutschförderung ist ein Kernauftrag der Volksschule

Seit dem schlechten Abschneiden fast der Hälfte der Schulabgänger bei den nationalen Tests im Fach Deutsch sehen sich auch die Sprachen-Turbos in einer wenig komfortablen Lage. Eigentlich müssten die für das Debakel Verantwortlichen jetzt erklären, wie das frühe Lernen dreier Sprachen doch noch gelingen könnte. Doch bisher hörte man nichts, was Mut machen würde.

Ganz anders war dies beim spannenden Vortrag von Marianne Wüthrich und Urs Kalberer in Zürich über die Bedeutung der Deutschförderung im Unterricht. Die beiden zeigten auf, wie ein solider Erwerb der Erstsprache aussehen kann und welche zentrale Rolle der Sprachförderung in den Realienfächern zukommt.  Anhand von zusammenhängenden Beispielen mit Kompetenzzielen wurde klar ersichtlich, wie wenig strukturiert und sprunghaft der ganze sprachliche Aufbau beim neuen Lehrplan erfolgt. Sie finden in dieser Ausgabe eine kurze Zusammenfassung des informativen Abends der Starken Volksschule Zürich und einen weiteren Beitrag  zum Kernauftrag der Deutschförderung.

Mädchenförderung von unerwarteter Seite

Den versöhnlichen Abschluss macht diesmal Carl Bossard mit seinem geschichtlichen Exkurs über die Bedeutung der „Schwarzen Schwestern“ von Menzingen. Wer nicht besondere schulgeschichtliche Kenntnisse der katholischen Landgebiete der Schweiz besitzt, wäre wohl kaum auf die Idee gekommen, dass diese engagierten Lehrschwestern nach der Mitte des 19. Jahrhundert bis weit ins 20. Jahrhundert hinein  viel für die Bildungschancen der Mädchen und der jungen Frauen taten. Und aus heutiger Sicht fragt man sich, wie sie dies unter äusserst schwierigen materiellen Verhältnissen überhaupt schafften.

Wählen Sie aus, was Ihnen gefällt. Die Palette ist breit und die Farben sind kräftig.

Viel Vergnügen!

Für die Starke Volksschule Zürich

Hanspeter Amstutz

Inhalt

  • Wir decken auf und suchen Lösungen
    14.3.2020, Hanspeter Amstutz
  • Stadtrat drückt sich vor Antworten
    Zürcher Oberländer 7.3.2020, Bezirk Hinwil, Andreas Kurz
  • Parlament will von Schulpräsident alle Antworten zur Sek C
    Zürcher Oberländer 11.3.2020, Bezirke Hinwil und Pfäffikon, Andreas Kurz
  • Wie ich vom «Revoluzzer» zum «Konservativen» (gemacht) wurde!
    Condorcet Bildungsblog 8. Mai 2019, Alain Pichard
  • Integrativer Unterricht
    3.2020, Offener Brief von Hans-Peter Köhli
  • «Es gibt keine echte Integration»
    NZZ 6.3.2020, Zuschriften
  • Aus der Froschperspektive
    NZZ 9.3.2020, Leserbrief von Hanspeter Amstutz
  • Rückblick «Deutsche Sprache als Grundlage allen Lernens»
    Medienmitteilung 12.3.2020. Starke Volksschule Zürich, Timotheus Bruderer
  • Kinder brauchen ein tägliches Bad in der Sprache.
    Tages-Anzeiger 9.3.2020, Debatte, Gastbeitrag von Hanspeter Amstutz
    Abstriche mit fatalen Auswirkungen
    Tages-Anzeiger 14.3.2020, Leserbrief
  • Neue linke Massnahme auf Kosten von Schweizer Schülern
    Zürcher Bote 6.3.2020, Winterthur, Tobias Infortuna
  • Frühe Frauenemanzipation
    Journal21, 7.3.2020, Carl Bossard
  • Veranstaltungshinweise (Veranstaltungen abgesagt)
    März 2020: Der schiefe Turm von Pisa – Schüler und Lehrer im (Test-)Stress
    9. Mai 2020: Time for Change III: Balsam für die Lehrerseele.