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Newsletter vom 14.4.2019

Ein Ringen ums Wesentliche zeichnet sich ab

Wenn schulische Grundanforderungen nicht erfüllt werden können, ist die Bildungspolitik gefordert.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist eine grosse Zahl von Schulreformen umgesetzt worden. Selbstorganisiertes Lernen ersetzt teils den gemeinsamen Klassenunterricht, computerbasiertes Üben verspricht massgerechte Förderung und Entlastung der Lehrpersonen und das frühe Lernen von Fremdsprachen gilt als Markenzeichen für eine weltoffene Schule. Festgehalten ist die ganze Entwicklung im neuen Lehrplan 21, der mit seinen Kompetenzzielen den Takt vorgibt.

Wir alle wissen, dass Programme allein noch keine gute Schule machen. Dies weiss auch die Schweizerische Konferenz der Kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK). Die grosse Frage lautet:Welche nachhaltige Wirkung wurde mit den Reformen erzielt?Gemeint sind dabei nicht all die vielen wünschbaren Kompetenzen im breiten Fächerangebot, sondern die Grundanforderungen in Deutsch und Mathematik. Die EDK hat deshalb in den Deutschschweizer Kantonen vor zwei Jahren vergleichende Tests durchgeführt, um festzustellen, welche Schüler die erwähnten Grundkompetenzen erreichen.

Obwohl die Testergebnisse seit Ende 2017 vorliegen, wartet die Öffentlichkeit noch immer darauf, informiert zu werden.Auf Drängen aufmerksamer Bildungspolitiker teilte die EDK mit, man sei daran, die Ergebnisse auszuwerten, sorgfältig zu analysieren und zu kommentieren. Am 24. Mai werde man einen ausführlichen Bericht über die Resultate des Quervergleichs vorlegen. Darüber haben wir letztes Mal bereits kurz berichtet, aber wie der Beitrag von Kari Kälin zeigt, wollen wir in dieser brisanten Angelegenheit weiter am Ball bleiben.

Die ganze Verschleierungstaktik der EDK macht misstrauisch.Sind die Resultate etwa völlig unbefriedigend oder die Leistungsunterschiede zwischen den Kantonen zu gross? Bereits bekannt ist, dass der Messwert für das Erfüllen der Grundanforderungen neu definiert werden soll. Eigentlich seltsam, wenn nach der Absolvierung des Testlaufs die Ziellinie verschoben wird. Eines ist klar: Wenn eine sehr grosse Zahl von Schülerinnen und Schüler die Grundanforderungen in Deutsch und Mathematik nicht erfüllt, ist das für eine moderne Volksschule unhaltbar. Das grosse Reformziel der Chancengerechtigkeit würde dadurch verfehlt.

Mit seinem spannenden Beitrag über den Fehlschlag beim frühen Fremdsprachen­lernenkommt Carl Bossard auf den Kern der unerfreulichen Entwicklung zurück. Was der Autor festhält, müsste alle aufrütteln, welche an unsere Volksschule glauben. Er kommt zum Schluss, dass die Aufsplitterung der Bildungsziele und die Ablenkung der Lehrpersonen vom Grundauftrag des Unterrichtens durch zu viele Zusatzaufgaben zu den Qualitätseinbussen bei den Grundkompetenzen geführt hat.

Andere Bildungsfachleute wiederum sind überzeugt, dass mit einer umfassendenDigitalisierungder Weg für erfolgreiches Lernen geschaffen wird. So könnten die Grundkompetenzen in Deutsch und Mathematik durch individualisierte Lernprogramme weit besser vermittelt werden als im traditionellen Klassenunterricht. Dazu finden Sie mehrere Beiträge zur digitalen Zukunft unserer Volksschule, die sicher einige Diskussionen auslösen werden.

Die Palette der Beiträge ist diesmal etwas breiter als üblich. Die Texte zeigen, dass es nach wie vor viele Baustellen im Bildungsbereich gibt. Die Spannung aber liegt eindeutig bei der Frage, wie die Bildungspolitik auf die offensichtlichen Defizite bei den Grundanforderungen in den Hauptfächern reagieren will.Allein schon aus diesem Grund lohnt es sich, einen Blick in unseren Newsletter zu werfen.

Für die Redaktion von «Starke Volksschule Zürich»

Hanspeter Amstutz

Inhalt

  • Ein Ringen ums Wesentliche zeichnet sich ab
  • Nicht Schulreform, sondern Totalumbau
  • Eklatanter Fehlschlag
  • Was lernen unsere Kinder? Der grosse Schultest der Kantone hat Verspätung
  • Bildschirmfrei ist das neue Bio
  • Internet raubt uns die Disziplin
  • Die Flucht aus der Volksschule: Viele Eltern suchen für die Kinder nach Alternativen
  • «Mama ich liep dich» – Schreiben nach Gehör wird abgeschafft
  • Mathematik im Lehrplan 21 – Rechenschwäche als Ziel?
  • Zweierlei Gerechtigkeit
  • Überschätzte Intelligenz
  • Steiniger Weg ins Gymnasium
  • Bankrotterklärung der Volksschule
  • Einspruch! 2
  • Veranstaltungshinweise
    5.2019: Time for Change? – Teil II: Im Hamsterrad
    22.5.2019 Im Bann der Bildschirme – wenn Gamen und soziales Networking zur Sucht werden