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Newsletter vom 14.10.2018

Deutsch lernen im Handumdrehen?

Gute Deutschkenntnisse sind eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg in den Berufslehren wie in den Maturitätsschulen. Mit der deutschen Sprache vertraut sein bedeutet aber noch viel mehr. Wer sich in vielen Bereichen präzis in der deutschen Sprache ausdrücken kann, hat sich ein Weltbild erschaffen, das eine gute Orientierung ermöglicht und zur eigenen Urteilsfähigkeit beiträgt. Eine Erstsprache gründlich zu lernen, ist für die meisten Heranwachsenden ein langer Weg. Für den schulischen Spracherwerb bedeutet dies, dass Sprache immer wieder mit anschaulichen Inhalten verknüpft und erarbeitet werden muss.

Für gezielte Wortschatzerweiterung und allgemeines Sprachbad erweist sich der Realienunterricht der Volksschule als eigentlicher Königsweg für aufbauendes Lernen.Natur und Technik, Geografie und Geschichte bieten eine Fülle an spannenden Inhalten. Werden diese schülergerecht und spannend vermittelt, kommt die Sprache zum Zug.Nicht die Menge des behandelten Schulstoffs ist dabei entscheidend, sondern die gründliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Beim Bau eines Elektromotors erleben Jugendliche, wie die elektromagnetischen Kräfte wirken und welchen Bauteilen wichtige Funktionen zukommen. Solche Einsichten auch mit den treffenden Ausdrücken festzuhalten ist fruchtbarer Spracherwerb. Auf etwas andere Art, aber ebenso wirksam, gelingt das Deutschlernen in narrativen Geschichtsstunden. Wie viele sprachfördernde Impulse gehen von einer dramatischen Erzählung der Lehrperson aus, wenn schicksalhaftes Geschehen im Zentrum steht!

Das tägliche Sprachbad im Realienunterricht stellthohe Anforderungen an die fachliche undsprachliche Kompetenz der Lehrkräfte.Doch die Aufgabe wird unterschätzt. Zwar wurde im Bereich Natur und Technik in jüngster Zeit einiges investiert, doch sonst ist die Realien-Fachdidaktik klar im Hintertreffen. Durch das Streichen von Realienstunden und die teilweise Verwendung von Geografie- und Naturkundelektionen für den Fremdsprachenunterricht hat der sachbezogene Deutschunterricht arg gelitten. Am härtesten hat es den Geschichtsunterricht getroffen, wo im Kanton Zürich nur noch eine einzige Wochenstunde zur Verfügung steht.

Es erstaunt nicht, dass immer lauter die Frage nach dem Wesentlichen in der Pädagogik gestellt wird.Der neue Lehrplan gibt dazu keine überzeugende Antwort. Zu vieles wird als Bildungsziel postuliert, mit dem Resultat, dass manches nur angetippt werden kann. Deutsch lernen erfordert viele Trainingsstunden, Zeit für Lektüre und für das Eintauchen in ein Stück Welt in den beliebten Realienfächern. Wer glaubt, dass man beim Lernen der Erstsprache abkürzen könne, irrt gewaltig. Doch genau das wird getan mit dem Abwerten des Realienunterrichts und der Reduktion von intensiven Trainingsphasen in den Deutschstunden.

In unserem ersten Beitrag setzt sich der Sprachwissenschafter Mario Andreottimit dem aktuellen Deutschunterricht auseinander. Carl Bossardgeht im zweiten Text der Frage nach, wie und wo eine nachhaltige Bildung die Schwerpunkte setzen sollte. Sie werden bald merken, dass die beiden Beiträge sich hervorragend ergänzen.

Aus Gründen der Konzentration auf die Hauptthemen haben wir einige aktuelle Ereignisse der vergangenen Woche nur am Rande erwähnt. Die zurückgestellten Themen werden in den nächsten Newslettern aufgegriffen und vertieft behandelt. Dazu gehört auch die Frage, ob der Lateinunterricht an den Langzeitgymnasien weiterhin zum obligatorischen Schulstoff zählen soll.

 

Für Spannung ist gesorgt. Wir bleiben am Ball.

Für die Redaktion «Starke Volksschule Zürich»

Hanspeter Amstutz

Inhalt

  • Deutsch lernen im Handumdrehen?
  • Frühdeutsch ist wichtiger als Frühenglisch
  • Flexibel werden in einer dynamischen Welt
  • «Schreiben nach Gehör» soll Kindern die Anxt vor Fehlern nehmen – doch die Methode ist umstritten
  • Rechtschreiberfolg nach unterschiedlichen Didaktiken
  • Passepartout – wie weiter? Zwei kontradiktorische Gastbeiträge
    Fremdsprachen-Diskussion aus der Sicht der Mehrheit der Primarlehrpersonen
    Ja zum Ausstieg aus Passepartout
  • Selbstgesteuertes Lernen
  • Lernen im Chatroom Die zweite Frankfurter (In-) Kompetenzkonferenz
  • Gehört Ihr Kind zur «Restgruppe»?
  • Veranstaltungshinweise
    Bildschirmmedien und Kinder
    Was man von Schweden lernen kann
    Das gesellschaftliche Bild und die pädagogische Bedeutung der Lehrberufe
    Bildungspolitik auf dem Holzweg?