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Newsletter vom 3.3.2019

Starke Inhalte als Grundlage für solide Kompetenzen Noch immer wird gute Bildung mit der Vorstellung, Schüler hätten möglichst vieleKompetenzen zu erwerben, in enge Verbindung gebracht. Es erstaunt deshalb nicht, dass manche moderne Lehrmittel unter dem Druck des neuen Lehrplans mit einer Fülle an Kompetenzzielen viele Schüler überfordern. Durch die Jagd nach noch mehr Bildungszielen wird genau das erreicht, was die Bildungsforscher unbedingt vermeiden wollten: Wissensanhäufung ohne tieferes Verstehen.

Starke Inhalte als Grundlage für solide Kompetenzen

Noch immer wird gute Bildung mit der Vorstellung, Schüler hätten möglichst viele Kompetenzen zu erwerben, in enge Verbindung gebracht. Es erstaunt deshalb nicht, dass manche moderne Lehrmittel unter dem Druck des neuen Lehrplans mit einer Fülle an Kompetenzzielen viele Schüler überfordern. Durch die Jagd nach noch mehr Bildungszielen wird genau das erreicht, was die Bildungsforscher unbedingt vermeiden wollten: Wissensanhäufung ohne tieferes Verstehen

In Gesprächen mit Lehrerkollegen kommt das Auseinanderklaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit deutlich zum Ausdruck. Übereinstimmend stellen sie fest, dass es für das gründliche Verstehen wichtiger Grundkompetenzen meist mehr Zeit braucht, als die Bildungsplanung vorgibt. Das gilt für eine gut verständliche Einsicht in den Satzbau der deutschen Sprache genauso wie für das Begreifen der Proportionalität in der Mathematik. So muss das Dreisatzschema immer wieder hergeleitet werden, bis es verinnerlicht ist. Es nützt nichts, möglichst schnell das Prozentrechnen einzuführen, wenn beim Dreisatz noch Verwirrung herrscht. 

Die gemachten Erfahrungen manifestieren sich auch in andern Fächern. Es grenzt schon fast an die Quadratur der Kreises, wenn viele Schüler, die sich kaum verständlich im Deutsch ausdrücken können, sich daneben noch unzählige Französisch- und Englischsätze einprägen müssen. Obwohl unzählige Lehrpersonen und geplagte Eltern auf die unhaltbare Situation hinweisen, bleiben sie meist Rufer in der Wüste. Traurig dabei ist, dass sich praxisferne Bildungstheoretiker kaum über den Schaden bewusst sind, den sie mit ihrer neuen Bildungsphilosophie bei schwächeren oder einseitig begabten Kindern angerichtet haben.  

Für die Lehrerschaft gilt es, die belastende Spannung zwischen loyaler Auftragserfüllung und dem oft langsameren Lernrhythmus der Schüler auszuhalten. Zum Glück gibt es viele mutige Pädagogen, die vom vorgeschriebenen Programm abweichen, indem sie am richtigen Ort Abstriche machen und dafür zusätzliches Übungsmaterial einsetzen.

Wer kritisiert, sollte auch zeigen, was geändert werden muss. Bildung lässt sich am besten über anschauliche und relevante Kernthemen vermitteln. Ja, Kinder wollen lebendige Inhalte, die sie wirklich beschäftigen und über die sie gerne sprechen möchten. So bietet der Geschichtsunterricht unzählige Möglichkeiten, um grundlegende Entwicklungen zu verstehen. Wie wurde aus der armen Schweiz im 19. Jahrhundert eine erfolgreiche Industrienation? Wie hat das Wirtschaftswunder in der Zeit des Kalten Kriegs unser tägliches Leben verändert? Damit der Funke der Begeisterung zündet, braucht es eine kindgerechte Vermittlung des Stoffes durch spannende Erzählungen und geeignetes Anschauungsmaterial. Die „Story“ muss packen und das Kernthema soll die Klasse in intensiven Gesprächen vertiefen. Werden die Grundlagen richtig gelegt, können die zu erwerbenden Kompetenzen wie reife Früchte geerntet werden.

In unserem Schwerpunktbeitrag erläutert Mario Andreotti den Gedanken einer inhaltsbezogenen Bildung im Fach Geschichte ganz konkret. Geschichtsunterricht bedeutet für ihn weit mehr als das Vermitteln abstrakter Kompetenzen. Es geht darum, den Schülern bewusst zu machen, dass die politischen Errungenschaften unserer Zeit meist eine aufregende Vorgeschichte haben. 

Vielleicht erstaunt es, dass im Beitrag von Julia Hofstetter über gestresste Eltern während der Gymnasialzeit ihrer Kinder ebenfalls die Frage auftaucht, was denn eigentlich wesentliche Bildung sei. Lesen Sie den Text einer betroffenen Mutter, deren Gedanken irgendwie nachdenklich stimmen. 

Dass sich die Pädagogik oft politischen Zielsetzungen unterordnen muss, ist leider eine Tatsache. Die pädagogisch kaum zu rechtfertigende Vorverschiebung des Schuleintrittsalters stellt die Kindergärtnerinnen vor Herausforderungen, die ohne zusätzliches Personal kaum noch zu bewältigen sind. Im aufschlussreichen Interview mit der Präsidentin des Verbands der Zürcher Kindergärtnerinnen zeigt sich deutlich, wie wenig die Konsequenzen des fragwürdigen Entscheids für den täglichen Unterricht bedacht wurden.

Wie immer finden Sie bei uns aktuelle Artikel der vergangenen Woche und als Abschluss einen pointierten Leserbrief über den Dauerbrenner schulische Integration. Viel Vergnügen!

Für das Redaktionsteam Starke Volksschule Zürich

Hanspeter Amstutz

Inhalt

  • Starke Inhalte als Grundlage für solide Kompetenzen 
  • Geschichte ist wichtiger denn je 
  • Wie das Gymi-Kind Mamas Karriere bremst 
  • «Unsere pädagogische Arbeit wird unterschätzt» 
  • Frau mit Klasse 
  • Die Saat geht auf
  • Uber den Irrweg einer «digitalen Bildung» 
  • Glaubwürdige Vorbilder im Digitalen sein 
  • Heutiges System hat versagt
  • Einspruch! 2
  • Veranstaltungshinweise 
    Autismus – eine Diagnose mit vielen Facetten 
    4.5.2019: Time for Change? – Teil II: Im Hamsterrad