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Newsletter vom 9. Februar 2025

«Wenn man feststellt, dass die Entwicklung in eine falsche Richtung geht, muss man bildungspolitisch eine Korrektur fördern»

«Wenn man feststellt, dass die Entwicklung in eine falsche Richtung geht, muss man bildungspolitisch eine Korrektur fördern»

Das Highlight unserer Textsammlung ist zweifellos das Interview mit dem Nidwaldner Bildungsdirektor Res Schmid in der NZZ. Er legt die seit langem bekannten desaströsen Auswirkungen der von manchen Leuten immer noch hochgejubelten Schulreformen auf den Tisch – in unmissverständlichen Worten, nichts lässt er aus.

  • Zum integrativen Schulmodell: Sinkendes Leistungsniveau der Schüler, den Lehrern verleidet ihr Beruf. Deshalb: Wieder Förderklassen einführen.
  • Zum Lehrplan 21: «Derart überladen mit Kompetenzen, dass die wichtigsten Dinge, die wirklich wichtigen Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen darunter leiden und zu kurz kommen.»
  • Zu wenig Zeit für die Schulsprache Deutsch: Französisch auf die Oberstufe verschieben und die gewonnene Zeit fürs Deutschlernen nutzen.
  • Lautgetreues Schreiben: Ab der 1. Klasse sollten die Fehler korrigiert werden, damit sie sich nicht einschleifen in den Köpfen der Kinder.
  • Unleserliche Handschrift und Abschaffen der Schnürlischrift: «Wichtige motorische Fähigkeiten gehen verloren».
  • Abschaffung der Noten: In Nidwalden ab der 3. Klasse wieder eingeführt, Res Schmid würde dies schon ab der 2. Klasse begrüssen.
  • Handy-Verbot: Nidwalden wird ab dem Sommer strikte Richtlinien einführen.
  • Zum «Gender-Unfug»: «Damit machen wir unsere Sprache kaputt. In Nidwalden wird nicht gegendert. Das habe ich vor den Nidwaldner Lehrerinnen und Lehrern klipp und klar gesagt.»
  • Sexualpädagogik: «Schule sollte neutral und ideologiefrei sein.»
  • Zur falschen Anleitung der Lehrerstudenten an den PHs: «Ungeführter Unterricht und individuelles Lernen wird den angehenden Pädagogen an den PH leider oft als beste Lösung gelehrt. Unverständlich.»

«Wenn man feststellt, dass die Entwicklung in eine falsche Richtung geht, muss man bildungspolitisch eine Korrektur fördern», fordert Res Schmid. Er bedauert, dass seine Amtskollegen in den anderen Kantonen, und somit auch die EDK, seine Mahnungen nicht hören wollen und dass sie «die Pädagogischen Hochschulen, gestützt auf die Bildungsfreiheit, (einfach) machen lassen.» Ja, das bedauern wir auch, sehr sogar. Vielleicht sollten wir die Zürcher Bildungsdirektorin und ein paar andere nach Stans zur Fortbildung schicken?

Die weiteren Artikel in unserem Newsletter bestätigen samt und sonders die klare Analyse des Nidwaldner Bildungsdirektors. Eine gute Ergänzung ist der Kommentar von Markus Somm im Nebelspalter zu Schmids Artikel.

Zürcher Kantonsräte wollen Französischunterricht auf die Sekundarstufe verschieben

Grosse Aufregung im Blätterwald: Vier Parteien im Zürcher Kantonsrat haben eine Motion eingereicht, die das Frühfranzösisch abschaffen will. Wie Carl Bossard in seinem Artikel informiert, wird in Appenzell Innerrhoden schon seit eh und je Französisch erst ab dem 7. Schuljahr gelehrt, dasselbe gilt übrigens auch für den Kanton Uri. Wenn der bevölkerungsreichste Kanton Zürich diesen Brocken anpackt, könnte das landesweite Folgen haben.

Es hat sich längst herumgesprochen und ist durch die Forschung belegt: In einem gut strukturierten Franz-Unterricht in der Oberstufe sind die Lernerfolge besser als neben Deutsch und Englisch in der Primarschule. Denn zuerst muss die deutsche Sprache einigermassen sitzen, darauf aufbauend lernen die Jugendlichen rascher und effektiver Französisch. Carl Bossard erinnert an die diesbezüglichen Ergebnisse der Langzeitstudie von Simone Pfenninger an der Uni Zürich und macht aufmerksam auf eine Zentralschweizer Untersuchung mit schockierend schlechten Resultaten in sämtlichen Bereichen der französischen Sprache: Sprechen, Hörverstehen, Lesen und Schreiben.

Die Suppe, die der Zürcher Bildungsdirektor Ernst Buschor einst mit der Einführung des Frühenglisch und andere «Experten» mit dem Frühfranzösisch zusammengebraut haben, müssen unsere Kinder heute auslöffeln. Viele von ihnen erhalten bekanntlich in der Volksschule keine genügenden Grundlagen in der deutschen Sprache – von den mehrheitlich schwachen Kenntnissen in den beiden Fremdsprachen, vor allem in der Primarschule, ganz zu schweigen. In den Artikeln, die wir zu diesem Thema zusammengestellt haben, finden Sie ein weiteres Mal die Gründe, die für die Verlegung des Faches Französisch auf die Oberstufe sprechen. Besonders erhellend das Beispiel im Artikel «Das leidige Frühfranzösisch». Allerdings muss diese Verschleuderung der Lernzeit unserer Kinder nicht mehr 10 bis 15 Jahre weitergehen, wie der Autor befürchtet. Die Zürcher könnten den Stein schon jetzt ins Rollen bringen.

Ein Argument, das aus der französischsprachigen Schweiz immer wieder eingebracht wird, ist die Bedeutung des Französischunterrichts für den nationalen Zusammenhalt. Damit haben unsere Compatriotes zweifellos recht. Aber ob die Zürcher oder Thurgauer Kinder in der 5. oder 7. Klasse beginnen, Französisch zu lernen, hat keinen Einfluss auf das Zusammengehörigkeitsgefühl der Schweizer Bevölkerung. Wichtiger ist, dass sie tatsächlich einige alltagstaugliche Grundlagen erwerben können.

Deutschförderung in der Kita

Ein Wort zum speziellen Deutschförderungs-Programm in den Stadtzürcher Kitas. Ist es nicht ohnehin eine der zentralen Aufgaben der Betreuerinnen, mit den Kindern Schweizerdeutsch zu sprechen und darauf zu achten, dass diese sich in deutscher Sprache äussern? Braucht es da eine Extra-Förderung? Plus eine «wissenschaftliche Evaluation» der PH Zürich? Alles mit Steuergeldern bezahlt! Und siehe da: «Die Auswertungen bestätigen darüber hinaus auch den bekannten Befund, dass der Kita-Besuch an sich die Sprachentwicklung in Deutsch im Vergleich zu Kindern ohne Kita-Betreuung signifikant fördert.» Eben!

Bundesgericht zum Kathi: Ideologisch motiviertes Urteil

Zwei Vorbemerkungen. Zum einen stimme ich mit allen überein, die eine bessere Förderung auch der Buben in der Volksschule für dringend nötig erachten: Mehr Unterricht in den naturwissenschaftlichen Fächern und im Werken, mehr männliche Lehrer und anderes. Der erfahrene Lehrer und Psychologe Allan Guggenbühl setzt sich deshalb seit langem für eine Wahlmöglichkeit von nach Geschlechtern getrennten Klassen während der Pubertätsjahre ein, so dass auch die Buben sich in ihrer Haut wohl fühlen können. Dazu müsste aber an unserem Schulsystem eine ganze Menge geändert werden. Mit seinem Urteil schiebt das Bundesgericht derartigen Bestrebungen einen Riegel.

Zum anderen sind die Zeiten vorbei, wo mehrheitlich Mädchen aus privilegierten Familien wie Karin Keller Sutter im Kathi aufgenommen wurden. Heute besteht eine zeitgemässe soziale Durchmischung. So hat eine Jugendliche aus einfachen Verhältnissen in unserer Nachbarschaft die Sekundarschule im Kathi besucht. Ihre Mutter stammt aus einer fernen Kultur und die Kinder haben entsprechend nur schmale Deutschkenntnisse. Es freute mich sehr, dass ihr der Sprung in die Sek gelang, dass sie einen Platz im Kathi bekam und ganz besonders, dass sie nachher eine Lehre in ihrem Wunschberuf absolvieren konnte.

Beim Bundesgerichtsurteil zum Kathi geht es um etwas völlig anderes. Dass das Gericht – unter Umgehung der kantonalen Schulhoheit – den Schulbetrieb in der christlichen Mädchenschule für verfassungswidrig erklärt und dieser damit die öffentlichen Gelder entzieht, hat nichts mit der Sorge um eine gute Bildung der Buben oder der Realschüler oder mit «Gerechtigkeit» zu tun. Zur politisch-ideologischen Einordnung empfehle ich Ihnen die Darlegungen der langjährigen Bundesgerichtskorrespondentin der NZZ, Katharina Fontana.

Ermutigender Schlusspunkt: Dänische Eltern ziehen Notleine gegen überbordende Digitalisierung

Der Bericht im Tagi macht Mut und lädt zur Nachahmung ein. Ein dänischer Elternverein hat die Initiative ergriffen, um das Ertrinken ihrer Kinder in den elektronischen Geräten und den sogenannten sozialen Medien zu stoppen. Gymnasiasten rufen ihre Eltern auf: «Legt die Handys weg!» Das Ministerium für Kinder und Bildung gibt Empfehlungen heraus zur Eindämmung der Digitalisierung in den Schulen. Unter anderem hält die Behörde doch tatsächlich fest: «Bildschirme sollen nur dann eingesetzt werden, wenn sie didaktisch und pädagogisch sinnvoll sind»! Besser wäre es gewesen, wenn unsere Politiker und «Experten» diesbezügliche Forderungen und Warnungen zahlreicher Pädagogen schon früher zur Kenntnis genommen hätten. Aber lieber spät als nie.

Eine anregende Lektüre wünscht

Marianne Wüthrich